Spionage-Chipmunk der RAF über Berlin

Spionage-Chipmunk der RAF über Berlin

Während der Zeit des Kalten Krieges war Berlin mit Sicherheit die Hauptstadt der Spionage. Die gesamte Stadt befand sich von kurz nach der deutschen Kapitulation 1945 bis zur Wiedervereinigung im Oktober 1990 unter der Kontrolle der vier siegreichen Alliierten des Zweiten Weltkriegs. Dabei unterstand der Westteil den USA, Frankreich und Großbritannien, während der Ostteil von der Sowjetunion kontrolliert wurde. Militärangehörige dieser Besatzungsmächte durften zu Patrouillen die jeweils anderen Besatzungszonen betreten.
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Zusammen mit den zahlreichen Familienkontakten zwischen Ost- und Westberlin ergab sich ein reger, schwer zu kontrollierender Personenverkehr zwischen dem Bereich des Warschauer Paktes und gewissermaßen einem Vorposten der NATO. Die Vorgeschobene Lage Westberlins nutzten die drei westlichen Schutzmächte, um mit allen Registern der Aufklärung möglichst viele Informationen über den Warschauer Pakt zu erhalten.

Die Spionage-Chipmunk auf dem Flughafen Berlin-Tempelhof.
Foto: Uwe W. Jack

1958 trafen in Gatow zwei schmucke Zweisitzer de Havilland Chipmunk (Streifenhörnchen) ein. Offiziell als Trainer und Übungsflugzeuge deklariert, wurde durch die Operation „Schooner“ (Segelschoner) auch eine Kamera mit mehreren Objektiven zur Aufklärung mitgeliefert. Die Briten waren sich bewusst, dass jede Aktivität auf dem Flugplatz von Beobachtern der DDR oder der Sowjets fotografiert wurde. Deswegen wurden die Chipmunk auf dem Flugplatz Gatow in einem weit von den Zäunen entfernt gelegenen Hangar untergebracht. Waren Flüge in der Berlin-Kontroll-Zone auch erlaubt, so galt dies nicht für Flugzeuge mit Fotoausrüstung. Die Piloten der Chipmunk wussten, dass eine Notlandung mit ihrer Maschine und einer Fotoausrüstung außerhalb Westberlins eine Verurteilung und Inhaftierung nach sich ziehen würde. Deswegen konnten Aufklärungsflüge nur durch die höchsten britischen Militärstellen in Berlin angeordnet werden. Wie bei einem Kriegseinsatz flogen die Piloten in Uniform und durften nur ihren Wehrpass an Unterlagen mitnehmen.

Die Chipmunk landet nach einem Aufklärungsflug in Berlin-Gatow.
Foto: Peter Sickinger

Steif und fest behauptete die Royal Air Force bis zu ihrem Abzug aus Berlin 1993, die Chipmunk wäre nur dazu da gewesen, um den in Berlin stationierten Piloten eine Gelegenheit zu geben, die notwendigen Flugstunden zum Erhalt der Pilotenlizenz zu abzuleisten. Aber schon die Sonderbehandlung der Chipmunk mit einem abgelegenen Hangar, dem Briefing der Besatzungen im RAF-Hauptquartier auf dem Flugplatz und die anschließende Anfahrt zum Flugzeug nicht mit einem Militärfahrzeug, sondern mit einem Zivilwagen, musste bei allen Beobachtern die Alarmglocken schrillen lassen. Die Besatzung bestieg ihr Flugzeug noch im Hangar. Dadurch sollte verhindert werden, dass die Identität der Piloten durch Fotos mit Teleobjektiven bekannt wurde. Zur Verschleierung nutzte es auch nichts, dass auch britische Piloten die Chipmunk wirklich zum Stundensammeln flogen und dabei angewiesen waren, die Flugrouten der Fotomissionen zu fliegen, um einen Gewöhnungseffekt zu erzeugen.
Das Risiko war hoch, doch die zu erwartende Ausbeute an Informationen rechtfertigte den Einsatz. Um Berlin drängten sich diverse wichtige sowjetische Militäreinrichtungen. Die Überwachung der Tätigkeiten dort ließ Rückschlüsse auf die Politik der UdSSR zu.

Die ganze spannende Geschichte lesen Sie in der FliegerRevue X Nr. 68.