Spionageflug mit tödlichem Ende

Spionageflug mit tödlichem Ende

Wechselhafte Bewölkung und ein starker bis böiger Wind aus Westen ließen den Dienstag, den 22. Mai 1962, zu einem kühlen Frühlingstag bei etwa 14 Grad Temperatur werden. Im Flusstal bei Bergham nahe Kraiburg am Inn sah der Bauer Alois Emmerer gegen 11.30 Uhr in etwa 5000 m Höhe ein großes Flugzeug über sich in Richtung München fliegen. Er dachte sich nichts dabei. Über dem Ort Haag in Oberbayern hörten Einwohner gegen Mittag merkwürdige Flugzeuggeräusche über den Wolken und auf eine Einwohnerin tropfte etwas vom Himmel herab. Dann flatterten allerlei Dinge wie Papiere und Plastikfetzen vom Himmel. Die ersten Anzeichen, dass sich am Himmel eine Katastrophe abspielte. Etwas weiter von Haag in Richtung München hörte man Motorengeheul und „Explosionen”. Mehrfach fielen große Flugzeugteile aus den Wolken. Kurz vor dem Städtchen Markt Schwaben kam es zur Katastrophe. Ein großes Flugzeug stürzte am Waldrand mit Aufschlagbrand ab, um die Absturzstelle lagen viele Tote verstreut.

Connie Lockheed_WV-1_Barbers_Point_1952 - NAVY
Eine Constellation fällt vom Himmel
Um 11.36 Uhr meldete sich die Super-Constellation WV-2Q bei der Anflugkontrolle München (ACC) mit der überraschenden Forderung einer sofortigen Notlandung in Riem. Bevor die Flugsicherung antworten konnte, erfolgte gleich darauf nochmals diese Anfrage, wieder ohne Begründung. Jeweils klang die Stimme des Funkers jetzt aufgeregt. Dann brach der Funkkontakt ab, die 131390 antworte nicht mehr. Munich ACC gab trotzdem die Genehmigung, auf 11 000 Fuß zu sinken. Jetzt ließ die Flugsicherung angesichts einer offensichtlichen Luftnotlage sofort den Luftraum Riem räumen und hatte das gerade auch für den östlichen Anflugsektor vor.
In diesem Moment meldete sich auf einer anderen Anflugfrequenz entsetzt der Pilot der Boeing 707, Capt O. Abrahamson, dass an ihm gerade das Leitwerk eines Flugzeugs vorbeigeflogen wäre. Es sähe aus wie von einer Super Constellation. Dann etwa 20 Sekunden später: „Jetzt sehe ich eine Tragfläche vorbeifliegen.” Zeugen behaupteten, sie hätten auch gehört: „ …und menschliche Körper fallen herunter.”.
An einem der vielen Bäche der Moorlandschaft bei Markt Schwaben liegt die Wolfmühle. Dort war der Sohn des Müllers gerade vor dem Haus, während ein benachbartes Ehepaar auf einem angrenzenden Acker zu tun hatte. Plötzlich stieß um 11.37 Uhr von Osten her eine Super Constellation direkt auf sie herunter. Ein auf der an die Äcker angrenzenden Staatsstraße 2080 fahrender Autofahrer konnte das Geschehen ebenfalls beobachten: Dicht unterhalb der 700 Meter hohen Wolken­untergrenze sei die Maschine immer steiler auf sie zu gestürzt. Aus den Motoren sei dunkler Rauch ausgestoßen worden. Von überdrehendem Motorgeräusch und „Detonationen” begleitet, hätten sich auch Tragflächenteile und dunkle Punkte – Motoren, herunterfallende Insassen – vom Flugzeug gelöst. Dieses habe sich dann, in die Rückenlage rollend, am Rande eines Wäldchens bei der Köppelmühle in den weichen Ackerboden der so genannten Angerwiese gebohrt. Nach dem starken Aufschlagknall entflammte sofort ein Brand, dessen Flammen über eine Stunde lang nicht verloschen.

Connie Leitwerk

Das Unglück – die letzten Sekunden
So gut wie alle Presseverlautbarungen enthalten zur Unfallursache keine konkreten Angaben. Lediglich aus Navy-Kreisen stammt als direkter Grund für den Absturz „Abbruch des Heckteils durch plötzlichen lokalen Überdruck in der Kabine“. Intensive Recherchen für diesen Bericht ergaben tatsächlich: Die Ursache des Druckaufbaus im Rumpf ist offiziell unbekannt!
Aufgrund vieler Beobachtungen durch Einheimische, durch Erinnerungen Beteiligter und dann einer möglichst objektiven Verknüpfung dieser Einzelheiten kann zumindest der Hergang des Unglücks recht gut rekonstruiert werden. Pressemeldungen helfen dagegen kaum, den genauen Zeitpunkt des Heckteil-Wegbrechens festzulegen.
. . .

Connie WV-2 - US Navy
Mit dem Autor befreundete Spezialisten für Aerodynamik und Computeranalyse halfen bei der Rekonstruktion des Geschehens mit Hilfe gesicherten Daten privat selbstlos aus. Nach dem wohl seitlichen Wegbrechen des Heckteils erfolgte aus aerodynamischen Gründen sofort ein starkes Nickmoment des Flugzeugs nach vorne-unten. Wahrscheinlich war diese Bewegung gleich mit einem Rollen verbunden; die Fundlage des linken Tiptanks samt Flügelspitze weist darauf hin. Gleichzeitig fielen auch durch den Sog des Luftstroms Gegenstände aus dem Heckbereich aus dem offenen Rumpfende. …

Lesen Sie die ganze Geschichte des Unglücks, Informationen zur Elektronik-Spionagemaschine Super-Constellation, zum Einsatzverband und über das Rätsel der Zahl der Toten in der FliegerRevue X 54.

 

Kostenloses Zusatzmaterial zum Artikel finden Sie hier:

Details der Passagier-Super-Constellation (PDF)