Bombenangriff – warum noch 1945?

Bombenangriff – warum noch 1945?

Es gab ab Spätsommer 1944 in Deutschland keinen Ort mehr, der nicht von den westalliierten Bombern zu erreichen war. Und es war das Norden-Bombenzielgerät, das in den Bombern zum Einsatz kam und dem strategischen Luftkrieg eine große Effizienz ermöglichen sollte. Als strategischer Luftkrieg wird allgemein die Zerstörung von gegnerischen militärischen und politischen Kommando- und Führungseinrichtungen, von Produktionssstätten für Rüstungsgüter, Elektrizitätswerken, Kraftstoffraffinerien, Transportwegen und ähnlichem beschrieben.
Schon 1943, in der Nacht vom 16./17. Mai, hatte das britische Bomber Command mit einer speziell entwickelten Roll- oder Springbombe bewiesen, dass man auch Präzisionsangriffe durchführen konnte. Im Rahmen der Operation „Chastise“ (Züchtigung) wurden fünf Talsperren bombardiert und dabei die Möhne-Talsperre zerstört. Über 1500 Menschen, darunter über 1000 ausländische Arbeitskräfte und Kriegsgefangene, fielen den talwärts strömenden Wassermassen zum Opfer. Die entstandenen Schäden waren verheerend und hatten das gesamte Ruhrtal weiträumig verwüstet.


Aber schon Ende September 1943 war der Wiederaufbau der Möhne-Talsperre beendet und die Industrie an Rhein und Ruhr hatte sich bereits weitgehend von den Folgen der Bombardierungen erholt. Den Angriffen gingen mehrjährige Planungen und Vorbereitungen voraus, Möhne- und Sorpe-Talsperre finden bereits im Oktober 1937 (!) als potenzielle Angriffsziele in den Zielunterlagen des britischen Air Ministry Erwähnung.
1944 gab es durch die Verlagerung und Aufteilung ganzer Zweige der Rüstungsindustrie an fast jedem Ort irgendein als militärisch relevant anzusprechendes Objekt, was wiederum einen Angriff nach dieser Deutung erlaubte. Angriffsmittel waren die strategischen Bomber, Angriffsziele vorwiegend Städte und Großstädte. Während die Briten ihre Angriffe vorwiegend nachts und auf Flächenziele flogen, glaubten die Amerikaner am Anfang noch an eine hohe Treffsicherheit ihrer Bombenschützen und flogen bevorzugt Tagesangriffe auf Punktziele. Tatsächlich war die Trefferquote trotz Zielgerät aber deutlich schlechter als erwartet. Beispielsweise landeten, wie die Luftbildauswertung ergab, bei einem Angriff auf die Kugellagerfabriken in Schweinfurt 1943 nur etwa zehn Prozent der abgeworfenen Bomben weniger als 150 Meter vom Ziel entfernt. Die Bombenangriffe von 1939 bis 1945 brachten 600 000 Zivilisten den Tod und sollte die Moral der Zivilbevölkerung brechen. USAAF und britisches Bomber Command verloren über dem europäischen Kontinent etwa 27 000 Flugzeuge sowie ungefähr 150 000 Piloten und Besatzungsangehörige. Rund 60 000 alliierte Flieger gerieten dabei in Gefangenschaft.


Von den Amerikanern wurden über fast jeder deutschen Stadt mit mehr als 50 000 Einwohnern und dazu noch über etwa 850 kleineren Orten, Bomben aller Art und Kaliber abgeworfen. Sieben Millionen Menschen verloren ihre Wohnungen. In den Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern wurde im Durchschnitt fast die Hälfte aller Häuser zerstört. Die, nach Anteil des zerstörten Wohnraumes gerechnet, am härtesten getroffenen Städte waren nicht die Großstädte. In vielen kleineren Orten waren es wesentlich mehr: in Düren rund 99 Prozent, in Wesel 97, in Paderborn 96, in Hanau 87, in Würzburg 74 Prozent. In Köln waren es 70 Prozent, in Dresden 60 Prozent und in Berlin waren allein in den Innenstadtbezirken Mitte und Tiergarten mehr als 50 Prozent der Wohnungen komplett oder zumindest schwer zerstört. Anders sieht es natürlich aus, wenn man die absoluten Zahlen der zerstörten Wohnungen betrachtet. Hier dominieren die Großstädte, da es eben einfach mehr zu zerstören gab als in kleineren Kommunen. Berlin mit 556 500 zerstörten Wohnungen führt die Statistik an, gefolgt von Hamburg mit 295 650 und Köln mit 176 600.