Der geheime Höhenjäger Mjassischtschew M-17

Der geheime Höhenjäger Mjassischtschew M-17

In der Zeit von 1956 bis 1977 wurde diese Art der militärischen Aufklärung zunehmend ausgeweitet, allein 4112 Ballons wurden in diesem Zeitraum über der Sowjetunion registriert, wovon 793 abgeschossen werden konnten. Die Ballons waren mit Luftbildtechnik und automatisierter Datenübermittlung ausgestattet und waren für die sowjetische Luftabwehr in den großen Höhen kaum erreichbar. Zur Bekämpfung eines Aufklärungsballons in diesen Höhen waren durchschnittlich neben zwei gelenkten und 26 ungelenkten Raketen 112 Flakgeschütze notwendig, um einen sicheren Abschuss zu erzielen. Seit Anfang der 1960er-Jahre waren modifizierte einsitzige Abfangjäger Jak-25RW im Einsatz, von denen im Werk Nr. 99 in Ulan Ude 155 Exemplare ausgeliefert wurden. Sie konnten zwar größere Höhen erreichen, aber dort nicht stabil operieren und Abfangmanöver ausführen. Auch die Luftabwehrraketen waren noch nicht ausreichend entwickelt, um Treffer zu erreichen. Außerdem konnten die Ballons mit der damaligen Radartechnik nur schwer erkannt werden.

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Allerdings war die Ballonaktion auch für die USA nicht gerade effizient. Von 516 Fotos, welche von den Ballons geliefert wurden, waren ganze 34 „nützlich“. Experten des ZAGI unter der Leitung von Nekrassow und Nikolajew arbeiteten in den 1960er-Jahren an der Verbesserung der aerodynamischen Qualität der Jak-25RW. So wurde z.B. die Tragfläche auf 58 m² vergrößert, doch die Gipfelhöhe von 19 400 m sowie die mögliche Zuladung waren zu gering. Das Oberkommando der Luftstreitkräfte forderte einen Höhenjäger, der nicht nur die Ballons, sondern auch die zunehmend unbehelligt über dem sowjetischen Territorium agierenden US-Aufklärer Lockheed U-2 wirksam bekämpfen könnte.

Anhand der Attrappe der M-17 können Einbauten und Vorrichtungen für die Fertigung geplant werden.

Die Mjassischtschew M-17 entsteht
Am 1. Mai 1960 war es gelungen, eine U-2 mit der Kennung 56-6693 über Swerdlowsk (heute Jekaterinburg) abzuschießen und den Piloten ­Francis Gary Powers (1929 bis 1977) gefangen zu nehmen. Damit ergab sich die Möglichkeit das Flugzeug gründlich zu studieren. Powers Mission sollte tief in die Sowjetunion eindringen und von Peshawar in Pakistan nach Bodø in Norwegen fliegen.
Eine Expertengruppe widmete sich zunächst der Frage, wie man in großen Höhen Unterschall-Flugzeuge einsetzen kann. Zunächst musste ein Flügelprofil entwickelt werden, welches hohe Auftriebskoeffizienten liefern sollte. Bei der Lösung der Probleme half die Untersuchung der abgeschossenen U-2, aus deren Resten zum Jahresende 1971 ein 1:1- Mockup erstellt wurde, woraus das Flügelprofil ermittelt werden konnte. Zusammen mit Spezialisten aus dem ZAGI wurden die wahrscheinlichen Flugdaten der U-2 ermittelt. Die Konstrukteure entwarfen daraufhin ein Flugzeug mit geraden Tragflächen großer Streckung, entsprechender Höhenausrüstung und einem Höhen-Triebwerk. Mitarbeiter des ZAGI studierten aufmerksam die Leistungscharakteristika sowie die konstruktive Gestaltung der U-2 und kamen auf Einsatzhöhen ihrer Konstruktion von etwa 21 000 m. Das Triebwerksentwicklungsbüro OKB-36 in Rybinsk wurde beauftragt ein entsprechendes Triebwerk bereit zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt wurde unter der Leitung von Chefentwickler Pjotr Kolesov dort ein Triebwerk für die Tu-144D entwickelt. Das als Erzeugnis 59 bezeichnete Triebwerk mit einem Startschub von 117,7 kN wurde als möglicher Antrieb für die M-17 ausgewählt. Die Berechnungen ergaben, dass bei einer Erhöhung des Schubs in 25 km Höhe bei einer Geschwindigkeit von Mach 0,7 noch 5,88 kN Antriebsleistung zur Verfügung stehen würden.

In der FliegerRevue X Nr. 67 finden Sie eine ausführliche Beschreibung der Entstehung der M-17 mit Risszeichnungen und der späteren Weiterentwicklung M-55.