Die Focke-Wulff Ta 183 flog in Argentinien

Die Focke-Wulff Ta 183 flog in Argentinien

Während die Großmächte 1947 noch die Erfahrungen mit dem Einsatz der ersten Düsenjäger während des Zweiten Weltkrieges auswerteten, startete in Argentinien die FMA IAe-27 Pulqui. Besser einordnen lässt sich diese Leistung, wenn man weiß, dass das einzige andere Land Lateinamerikas, Brasilien, seinen ersten Jet erst in den 1980er-Jahren zum Fliegen brachte.

Schon 1944 hatte Argentinien den bekannten französischen Konstrukteur Emile Dewoitine angeworben, der im eigenen Land wegen seiner Zusammenarbeit mit den Deutschen nicht arbeiten konnte. Dewoitine war in Argentinien bestens bekannt. Die 1927 gegründete Luftfahrtfirma Fábrica Militar de Aviones (FMA) hatte seinen Entwurf D-21 in Lizenz gefertigt. Aus dieser Zeit stammte eine enge Freundschaft mit dem argentinischen Ingenieur Ambrosio Taravella der FMA, der letztlich Dewoitine überzeugte, nach Argentinien zu kommen. Auch einige polnische Ingenieure wurden angeworben. Sie wollten oder durften nicht in ihrem sowjetisch-dominierten Heimatland arbeiten.

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In dieser bunt gemischten, internationalen Luftfahrt­gemeinde Argentiniens waren ab 1947 die Deutschen jedoch mit dem fortschrittlichsten Wissen ausgestattet. Im Krieg hatten viele von ihnen an Projekten gearbeitet, die auch jetzt noch weiter entwickelt waren, als alles, was die Alliierten jetzt auf ihren Reißbrettern hatten. Als erster zu nennen ist hier Kurt Tank, Konstruktionsleiter von Focke-Wulf und Konstrukteur des berühmten viermotorigen Transatlantik-Verkehrsflugzeugs  Fw 200 Condor und des Jägers Fw 190. Ihm folgte Dr. Karl Gustav Friedrich Thalau, ehemaliger Entwicklungsleiter der Fieselerwerke und der Leiter der Erprobungsstellen der Luftwaffe, Otto Behrens. Die für ihre Nurflügelflugzeuge bekannte Brüder Reimar und Walter Horten fanden ebenso den Weg nach Argentinien wie der ehemalige General der Kampfflieger Werner Baumbach, Adolf Galland, zuvor General der Jagdflieger und Dr. Julius Henrici, der die Flakraketenentwicklung bei den Henschel Flugzeugwerken geleitet hatte.
Die Flugleistungen von Dewoitines Strahljäger Pulqui überzeugten nicht. Da brachte Kurt Tank seinen fortschrittlichen Entwurf Ta 183 von 1945 ins Spiel. Leicht modifiziert, wurde der schnelle Düsenjäger als Pulqui II in Angriff genommen.

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Mit Jahresbeginn 1950 wurde der Prototyp (E-1 genannt) fertiggestellt und dem Bodenversuchsprogramm übergeben. Obwohl Kurt Tank sich dafür stark machte, den Erstflug selbst durchzuführen, entschied das Instituto Aerotécnico, der Argentinier Edmundo Weiss würde der Pilot dieser Mission sein. Wie ihr Vorgänger startete die Pulqui II vom Rasenplatz der Fallschirmspringer-Schule. Der Jungfernflug am 27. Juni 1950 dauerte 28 Minuten und verlief ohne Zwischenfälle. Weiss berichtete, er habe oberhalb von 350 km/h ein leichtes Vibrieren der Ruder gespürt und ab 500 km/h wäre die Maschine sehr empfindlich um alle Achsen geworden. Trotzdem sei die Maschine ohne Probleme beherrschbar gewesen. Während des Fluges seien einige Bordinstrumente ausgefallen und einige seien ungünstig angebracht, sodass sie schwer abzulesen seien. Insgesamt zeigte die Pulqui II Flugleistungen, die denen der MiG-15 oder der North American F-86 Sabre vergleichbar waren.

Die Komplette Geschichte des ersten Strahljägers in Lateinamerika und weiterer Projekte deutscher Konstrukteure in Argentinien finden Sie in der FliegerRevue X Nr. 59