Flucht mit Zlin 42 nach Gatow

Flucht mit Zlin 42 nach Gatow

Für den 14. Juli 1987 war in Schönhagen ein einfaches Kunstflugtraining geplant, das aber wegen angeblichem Unwohlsein des Schülers abgebrochen wurde, weshalb Thomas Kunze erst am folgenden Morgen nach einem Überprüfungsflug durch den Lehrer erneut die Starterlaubnis erhielt. Um 9.12 Uhr stieg er in der Z-42 mit dem Kennzeichen DDR-WOH zwar auf die vorgeschriebene Höhe von 800 Metern in die Kunstflugzone über Hennickendorf, wenige Minuten später flog er jedoch mit Überfahrt genau in die Gegenrichtung nach Norden auf den weithin sichtbaren Fernmeldeturm am West-Berliner Schäferberg zu. Obwohl der Flugleiter sofort drei in der Luft befindliche Flugzeuge zur Suche aufforderte und den Zentralen Gefechtsstand der Luftstreitkräfte informierte, sodass auch die Funkmessfeld-Aufklärung in Aktion trat, konnte die Grenze durch Hubschrauber des Diensthabenden Systems (DHS) nicht mehr rechtzeitig „abgeriegelt“ und somit die Flucht nach West-Berlin nicht verhindert werden. Grenzposten in Steinstücken und Groß Glienicke bestätigten kurz nacheinander den Überflug in etwa 50 Metern Höhe und den Anflug auf den britischen Militärflughafen in Berlin-Gatow, wo die Maschine um 9.43 Uhr problemlos landete.


Der Schock über dieses Ereignis saß nicht nur bei den Mitarbeitern der Fliegerschule tief, denn es hatte keine Anzeichen für die Tat des Offiziersbewerbers gegeben, zumal er erst im Oktober 1986 vom MfS überprüft worden war. Obwohl bekannt war, dass die Fluglehrer zu dem Fluchtvorkommnis unterschiedliche Meinungen vertraten (von persönlicher Betroffenheit über „das kann immer passieren“ bis „man kann niemandem hinter die Stirn schauen“), mussten sich allein die anwesenden Flugschüler schriftlich zu dem Vorkommnis äußern, was der Stellvertreter für Agitation und Propaganda als eine verpasste Chance ansah, die politisch-ideologische Einstellung auch des Personals zu überprüfen. Der Schulleiter, der zwar keine direkte Schuld seiner Einrichtung an dem Geschehen sah, machte sich später Vorwürfe, weil man nicht „in das wahre Denken dieses Flugschülers“ eingedrungen war – zweifellos eine Überforderung, da der Pilot es verstanden hatte, seine Umgebung perfekt zu täuschen.