Focke-Achgelis Fa 223

Focke-Achgelis Fa 223

Trotz knapper Mittel gelang es Professor Henrich Focke im Zweiten Weltkrieg einen brauchbaren Hubschrauber zu schaffen. Diese Maschine stellte endgültig die vielfältigen Einsatz-Möglichkeiten eines Hubschraubers unter Beweis. Kurz vor Ende des Krieges begann die Serienfertigung der Fa 223 im Gebäude des Flughafens Berlin-Tempelhof.  Im März 1945 wurde mit der Fa 223 dann der erste Rettungseinsatz eines Hubschraubers unter Kriegsbedingungen durchgeführt.

Lesen Sie hier einen Absatz aus dem Artikel in der FliegerRevue X 43:

 

Auftrag: Fronteinsatz
Ein Führerbefehl vom 25. Februar 1945 beorderte eine Fa 223 in das von der Roten Armee eingeschlossene Westpreußen. So machte sich Pilot Leutnant Hans Helmut Gerstenhauer mit zwei Mechanikern an Bord von Ochsenhausen südlich Ulm (wo nach dem Bombenangriff vom 19. Juli 1944 in einer Getreidehalle die Fertigung der Fa 223 eingerichtet worden war) mit der Serienmaschine S51 auf an die Ostfront. Schlechtes Winterwetter behinderte den Fernflug immer wieder, sodass die Maschine erst am 1. März endlich in Stolp-West eintraf. Hier wurde der Besatzung auch der Zweck des Einsatzes mitgeteilt. Von einem Sportplatz nahe der Frontlinie  im eingeschlossenen Graudenz sollte der Hubschrauber drei Gefangene ausfliegen. Diese Gefangenen gehörten der sogenannten Seydlitz-Armee an, einem Kampfverband aus ehemaligen deutschen Soldaten, die jetzt an der Seite der Roten Armee kämpften. Nachkriegs-Spekulationen, der Hubschrauber sollte Gauleiter Karl Hanke aus Danzig ausfliegen, sind ohne Grundlage. Der originale Bericht über den ersten Kriegseinsatz eines Hubschraubers von Pilot Gerstenhauer liegt jetzt im Hubschraubermuseum Bückeburg und kann durch den Link unten kostenlos komplett heruntergeladen werden. Über 40 km sowjetisch besetztes Gebiet hinweg sollte Gerstenhauer mit der S51 zu einem unter Mörser-Beschuss stehenden kleinen Landeplatz fliegen, nur 500 m von der Kampfzone entfernt – ein Selbstmordkommando.

Fa223 V16 DM+ST 10

Hubschrauber Fa 223 V16 bei einer Übung in den Alpen.

Das schlechte Wetter verhinderte einige Tage den Weiterflug, dann setzte Gerstenhauer am 5. März den Hubschrauber nach Danzig-Praust um, auf ein Flugfeld nahe am Ziel, welches schon die Nahaufklärungsgruppe 4 mit ihren Messerschmitt Bf 109 beherbergte. Ein angesetzter Aufklärungseinsatz der NAGr 4 zum Zielpunkt des Hubschraubers stellte dort heftiges Flakfeuer fest. In einem dichten Schneesturm am 6. März musste eine Messerschmitt der 1. Staffel der Aufklärer notlanden, nachdem der Pilot völlig die Orientierung verloren hatte. Leutnant Gerstenhauer machte sich mit der S51 auf die Suche und fand die Bf 109 G-8 mit ihrem Piloten in der Nähe des Flugfeldes beim Ort Goschin (jetzt Goszyn). Der Hubschrauber setzte bei der bauchgelandeten Messerschmitt auf und man fand den verletzten Aufklärungspiloten Leutnant Schadewitz noch in seinem Cockpit. Die Fa 223 flog damit den ersten Rettungseinsatz eines Hubschraubers unter Kriegsbedingungen. Der Pilot der Messerschmitt konnte geborgen und zu seiner Einheit zurück gebracht werden.

Fa223 S51

Noch am gleichen Tag wurde die NAGr 4 wegen der bedrohlichen Lage durch die vorrückende Rote Armee zurück befohlen und nach Gotenhafen-Hexengrund verlegt. Einen Verlegungsbefehl für den Hubschrauber und seine Besatzung gab es aber nicht – doch Gerstenhauer schloss sich der Nahaufklärungsgruppe an. Der geplante Landeplatz in der umkämpften Stadt war schon nicht mehr in deutscher Hand. Erst nach Eintreffen des entsprechenden Befehls durfte in Gotenhafen-Hexengrund nachgetankt werden und man machte sich mit der S51 auf zum befohlenen Rückflug-Ziel – Werder, westlich von Berlin. Da alle Flugfelder in Reichweite des Hubschraubers schon in sowjetischen Händen waren, ließ Gerstenhauer einen Ersatztank in die hintere Kabine einbauen. Aus diesem Zusatztank pumpten die Mechaniker während des Fluges den Kraftstoff mit einer Handpumpe in den Haupttank des Hubschraubers. So gelang es Leutnant Gerstenhauer am 9. März 1945 mit einem Bogen über die Ostsee im Tiefflug bis nach Swinemünde-Garz zu fliegen, dem nächstgelegenen Flugfeld in deutscher Hand. Die S51 legte dabei etwa 340 km nonstop zurück.

Fa223 02

Das Cockpit der Fa 223.

Endlich, am 11. März, konnte Gerstenhauer mit den beiden Mechanikern an Bord in Werder landen. Der gesamte Einsatz an der Ostfront hatte die Maschine über eine Flugstrecke von fast 1700 km geführt. Die S51 wurde dann nach einer gründlichen Überprüfung weiter zur Luftwaffen-Erprobungsstelle nach Rechlin verlegt. Von dort gelangte sie schließlich zu ihrem Einsatzverband der Transportstaffel 40.

(Fotos: Hubschraubermuseum Bückeburg, Grafik Uwe W. Jack)

 

Kostenloser Download:
Original-Bericht des Piloten von 1945 über den ersten militärischen Einsatz eines Hubschraubers  aus dem Archiv des Hubschraubermuseums Bückeburg.

Download Dokument

 

Besuchen Sie auch die interessante Homepage des Hubschraubermuseums:
www.hubschraubermuseum.de