Geheimwaffen: Akustische Zielsuchgeräte

Geheimwaffen: Akustische Zielsuchgeräte

Der Entwickler der nachgesteuerten Fallbombe PC 1400X, „Fritz X“, Dr. Max Kramer, befasste sich ab dem Frühjahr 1943 mit einer Luft-Luft-Rakete, im damaligen Sprachgebrauch als Jägerrakete bezeichnet. Die wichtige Position von Dr. Kramer in der deutschen Luftfahrt lässt sich daran ermessen, dass diesem kleinen Flugkörper vom Reichsluftfahrtministerium eine 8-Nummer, also eine Flugzeug-Typennummer zugewiesen wurde. Fortan lief die Entwicklung der Jägerrakete bei der Luftwaffe als 8-344. Kramer war Mitarbeiter der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berlin-Adlershof. Da diese Rakete bei den Ruhrstahlwerken nahe Bielefeld gebaut wurde, erhielt sie die Typenbezeichnung Ruhrstahl-Kramer Rk 344 oder X4 (in der Reihe der X-Flugkörper von Dr. Kramer).
Ursprünglich war eine Steuerung durch das Zieldeckungsverfahren geplant. Nach dem Abschuss sollte der Richtschütze den hellen Lichtpunkt einer Leuchtfackel an der Rakete mit einem kleinen Steuerknüppel (Kommandogeber KG 208 Knirps) immer in Deckung mit dem Zielflugzeug halten. Das Steuersignal sollte mittels eines Funksenders an die Rakete übertragen werden. Dieses Prinzip hatte sich beim Anti-Schiffs-Flugkörper Henschel Hs 293 bewährt. Die Funksteuer­anlage erwies sich jedoch als zu groß für den Einbau in die kleine Rakete. So wurde auf Drahtsteuerung mit dem Sender FuG 520 Düsseldorf und dem Empfänger FuG 238 Detmold umgestellt. In zwei Behältern an den Flügelenden befanden sich abspulbarere Drähte mit einer Länge von jeweils 5500 Metern, welche mit dem Steuergeber des Jagdflugzeugs verbunden waren. Der Nachteil beider Verfahren ergab sich durch die Veränderungen im Luftkrieg während der mehrjährigen Entwicklungszeit der Ruhrstahl-Kramer X4. Anfangs ohne Begleitjäger fliegend, konnten gegnerische Bomber in Ruhe angepeilt, das eigene Jagdflugzeug genau auf Kurs gehalten und die Rakete einige Zeit lang ins Ziel gesteuert werden. Im Jahr 1944 war dies durch die Schwärme von alliierten Begleitjägern nicht mehr möglich. Es musste eine Möglichkeit gefunden werden, die Rakete sich ihr Opfer nach einem Start in die ungefähre Richtung des Ziels – in der letzten Flugphase von etwa 1200 Metern Distanz – eigenständig suchen zu lassen.


Hier sei kurz auf die Luft-Luft-Rakete Ruhrstahl-Kramer Rk 344 oder X4 eingegangen. Die Rakete war dafür ausgelegt, eine Sprengladung von 20 kg mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von etwa 900 km/h auf eine Distanz von zwischen 1500 bis 3500 Metern in ein Flugziel zu bringen. Der Antrieb sollte ursprünglich durch ein Triebwerk von BMW mit Flüssigtreibstoff unter Verwendung von Salpetersäure erfolgen. Nachdem sich dieses als sehr störanfällig erwiesen hatte, wurde später das Feststofftriebwerk 109-603 der Firma Schmidding eingeplant. Es arbeitete für acht Sekunden und erzeugte einen Schub von 150 Kilopond. Um Bauungenauig­keiten auszugleichen rotierte die X4 mit einer Umdrehung pro Sekunde um die Längsachse. Ein lagestabiler Kreisel an Bord sorgte dafür, dass die Steuersignale immer den richtigen Raumachsen zugeordnet wurden.

Der erste erfolgreiche, aber ungesteuerte Flug gelang am 11. August 1944 nach Start von einer Fw 190 nahe Gütersloh. Versuchsflüge mit der kreiselstabilisierten Steuerung im Dezember 1944 verliefen vielversprechend. Trotzdem wurde von der Technischen Luftrüstung festgelegt, die X4 sei bei der Belieferung mit Triebwerken gegenüber der Luft-Luft-Rakete Hs 117 hintenan zu stellen. Von dieser Rakete versprach sich die Luftwaffe offenbar mehr. Die X4 oder Rk 344 war 2010 mm lang und hatte eine Spannweite von 726 mm. Die Startmasse lag bei circa 60 kg. Als Trägerflugzeuge waren die Fw 190 (je zwei X4) und die Ju 88/Ju 388 (drei X4) vorgesehen. Die Me 262 sollte bis zu vier X4 tragen. Es sollen 1300 Exemplare der X4 mit dem BMW-Triebwerk gebaut worden sein. Es gibt immer wieder Vermutungen über wirkliche Einsätze kurz vor Kriegsende.