Heinkel Senkrechtstarter Lerche und Wespe

Heinkel Senkrechtstarter Lerche und Wespe

Egal welches Start- und Landeverfahren für ein Jagdflugzeug in Betracht gezogen wird, mit einem Raketentriebwerk ist die Maschine kurzzeitig sehr schnell, aber es fehlen ihr andere für einen Luftkampf wichtigen Fähigkeiten, wie Reichweite für einen Zielanflug, lange Flugdauer für eine Absetzbewegung vom Feind oder Wendigkeit während der Betriebsphase des Triebwerks. Der Oberingenieur Kurt Reiniger (1913 bis 2005) machte sich vermutlich ab Dezember 1944, spätestens zum Jahresbeginn 1945, in Wien an den Neuentwurf eines Jagdflugzeugs. Unterstützt wurde er dabei von Dipl.-Ing. Gerhard Schulze (1931 bis 2008). Der Chefkonstrukteur der Heinkelwerke, Siegfried Günter, war nicht beteiligt. Er könnte die Arbeiten höchstens als Vorgesetzter überwacht haben. Die beiden Ingenieure legten das Antriebskonzept der P.1074 für ihre neue Maschine zu Grunde. Ein Motor Daimler Benz DB 603 E sollte beim ersten Entwurf einen Sechs-Blatt-Propeller antreiben der von einem Ring umgeben war. Dieser Ring diente der Schubverstärkung. Auch wurde ein Teil des Treibstoffs im Ring befördert.

 


Die Motor-Startleistung von 2400 PS führte jedoch bei der Arbeit auf einen einzelnen, schnell drehenden Propeller zu Verlusten im Bereich der Blattspitzen. Auch wäre das Drehmoment bei dem kleinen Flugzeug schwer zu beherrschen gewesen. Die P.1074-Lösung mit zwei kurzen, gegenläufigen Propellern vermied alle diese Nachteile. Deswegen wurde für alle weiteren Lerche-Versionen ein Doppelpropeller vorgesehen. Aerodynamisch war der schlanke Rumpf der Julia mit liegendem Piloten ideal für ein schnelles Flugzeug. Nur war ein Fahrwerk darin nicht unterzubringen. Gelang es, den Entwurf für einen Senkrechtstart auszulegen, war das Fahrwerk dabei ohnehin überflüssig, warum also eines für die Landung mitschleppen? Der Anstoß für die Überlegung der senkrechten Landephase soll von einem dritten Heinkel-Ingenieur gekommen sein. Dipl.-Ing. Walter Hohbach war damals ein enger Mitarbeiter von Siegfried Günter im Wiener Projektbüro.

 


Reiniger und Schulze gelang es, ihr Projekt sehr leicht auszulegen. Bei einer Startmasse von etwa 3500 kg war das Leistungsgewicht (Masse geteilt durch PS) hier etwa doppelt so effektiv wie bei der herkömmlichen Focke Wulf Fw 190 A-8. Damit konnte das „Lerche“ genannte Flugzeug senkrecht vom Boden abheben. Eine Anbringung der Propeller am Heck, wie bei der P.1074, verbot sich hier jedoch. Im Propeller-Luftstrom mussten Ruder zur Steuerung angebracht werden. Bei den niedrigen Geschwindigkeiten beim Start mussten diese Ruder aber groß ausfallen, um wirksam zu sein. Als beste Lösung bot sich an, die Propeller in die Rumpfmitte zu rücken. Damit entfiel auch eine lange Welle vom Motor zu den Propellern. Andererseits gab es so keinen Platz, um eine große Tragfläche am Rumpf zu befestigen. Der Propellerring wurde so auch zum Ringflügel, eventuell unterstützt durch kurze Flügelstummel. Wie schon bei der P.1074 wurde die Bewaffnung mit zwei MK 108 in Beulen auf beiden Seiten des Cockpits außen am Rumpf platziert.