Kanadisch-deutsche Nordpolexpeditionen 1967 und 1969

Kanadisch-deutsche Nordpolexpeditionen 1967 und 1969

Vom Flugplatz Alert aus sollte unsere siebenköpfige Mannschaft mit zwei einmotorigen Flugzeugen De Havilland DHC-3 Otter zum Pol geflogen werden. Doch die Maschinen kamen nicht in Alert an und so verstrich wertvolle Zeit. Da kam der Vorschlag des Piloten Don Brown einer großen zweimotorigen Frachtmaschine vom Typ Bristol Freighter 170 aus Yellow­knife in den North West Territories (das heutige Nunavut) sehr gelegen, der sich anbot, einen Versuch zu wagen, unsere Expedition zum Pol zu fliegen. Der Bristol Freighter ist ein zweimotoriger Schulterdecker mit einer bulligen, aufklappbaren Flugzeugnase und einem robusten Fahrgestell. Das Cockpit saß oberhalb der zweigeteilten Ladeklappe, die sich seitlich nach links und rechts aufklappen ließ. Die Bristol hatte eine Zuladung von etwa fünf Tonnen und flog mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 260 km/h.
Don sagte, er könne nicht versprechen, ob eine Landung am Pol möglich wäre, aber er werde sein Möglichstes tun, um die Expedition zu retten. Falls eine Landung am Pol unmöglich sein sollte, hätte er genug Benzin, um zurückzufliegen. Normalerweise sind Flugzeuge in der Arktis neben den normalen Reifen zusätzlich mit Metallkufen ausgestattet, um auf Schnee und Eis zu landen. Doch für diesen Flugzeugtyp gab es keine Kufen, nur extra breite Ballonreifen. Wir waren über dieses Angebot natürlich sehr erfreut. Als ich das Flugzeug auf der Landebahn das erste Mal sah, war ich von der Massivität überrascht. In Kanada hatte diese Maschine den Spitznamen “Streetcar with Wings“ (Straßenbahn mit Flügeln).

So starteten wir mit unserer tonnenschweren Ausrüstung um mehrere Wochen verspätet am 5. Mai 1967 bei gutem Wetter und tiefen Temperaturen endlich zu unserem 830 km langen Nordpolflug, der circa drei Stunden dauerte und uns ins Ungewisse führte.
Wie sich herausstellte, war dies der erste Flug eines kanadischen Flugzeugs zum Nordpol! Schon bald lag die Insel Ellesmere Island hinter uns und der riesige arktische Ozean breitete sich vor uns aus. Trotz Temperaturen von –10 Grad bis –30 Grad Celsius konnte man offenes Wasser beobachten: Riesige Eisschollen stoßen wegen des Windes und der Meeresströmungen aneinander und driften wieder auseinander. Das offene Meerwasser friert natürlich bald wieder zu. Es entsteht auch riesiges Packeis, das sich meterhoch auftürmen kann. Das Eis ist nur selten ganz eben. Dies ist auch der Grund, warum viele Expeditionen, die zu Fuß, zumeist mit Hundeschlitten unterwegs waren, gescheitert sind.
Die Flugnavigation zum Pol war damals äußerst schwierig. Der magnetische Kompass ist wegen der Nähe des magnetischen Pols für das Fliegen nicht geeignet. Das Kuriose ist, dass die Kompassnadel bei Richtung Nord nach Süden zeigt! Auf der entsprechenden aeronautischen Karte ist nur Wasser eingezeichnet und irgendwelche Funkeinrichtungen gab es nicht. Wir versuchten, die Position des Flugzeuges mit Hilfe eines Sextanten durch Anpeilung der Sonne grob zu bestimmen. Die Satellitennavigation war ja in den 1960er-Jahren noch nicht entwickelt.