Serie Geheimwaffen: Staustrahl-Triebwerke

Serie Geheimwaffen: Staustrahl-Triebwerke

Auf dem Flugplatz Faßberg nahe Trauen führte der Pilot Paul Spremberg Versuchsflüge mit Abwurfwaffen für die Luftwaffe durch. Paul Spremberg hatte unter anderem für die Luftwaffe das bekannte Schulungsbuch „Die Wartung des Flugzeugs“ verfasst. Gelegentlich sah er beim Landeanflug einen Lastwagen, der entweder Flammen oder eine lange Rauchfahne hinter sich herziehend auf einer Waldstraße entlangraste. Spremberg war durch diese merkwürdige Erscheinung neugierig geworden, konnte sich aber den „brennenden Lastwagen“ nicht erklären. Sänger wohnte in Faßberg, und so feierte er gelegentlich mit einigen Mitarbeitern aus Trauen im Kasino des Flugplatzes Faßberg. Dabei kam er einmal mit Spremberg ins Gespräch, der natürlich nach dem seltsamen Opel Blitz fragte. Sänger erklärte in groben Zügen die Versuche, die er mit dem LKW durchführte und ließ durchblicken, dass er beabsichtigte, sein Triebwerk auf ein Flugzeug zu montieren, um die Versuche bei höheren Geschwindigkeiten weiterzuführen. Spremberg war Feuer und Flamme und beide kamen überein, dass Paul Spremberg der Versuchspilot für die Flüge mit dem Staustrahltriebwerk sein werde.
Als Flugzeug wurde eine Dornier Do 17 Z ausgewählt. Wichtig war dabei, dass die Dornier ein Endscheibenleitwerk hatte. Damit konnten die heißen Abgase des Triebwerks, ohne auf ein Leitwerk zu treffen, nach hinten abströmen. Spremberg hatte sehr gute Kontakte zur Firma Dornier und schaffte es, eine Maschine für die Luftfahrtforschungsanstalt Trauen gestellt zu bekommen. Ähnlich wie auf dem Opel Blitz wurde das Triebwerk auf Böcken auf dem Rumpfrücken der Maschine montiert. Die Do 17 Z mit der Werk­nummer 3327 trug das Kennzeichen BC+NI.

 


Auf dem Rumpfrücken der Do 17 wurde auf zwei Böcken ein 550 cm langes Rohr mit einem Durchmesser von 50 cm montiert. Der Lufteinlauf ragte bis über das Cockpit. Am 6. März 1942 startete Spremberg zum ersten Flug mit der Maschine. Das Triebwerk wurde nicht gezündet, es ging darum, die Stabilität in Flug zu ermitteln. Nach 20 Minuten war sich Spremberg sicher, dass die Dornier keine gefährlichen Tendenzen zeigte. Er landete und nahm Eugen Sänger mit an Bord. Der wird bei fast allen zukünftigen Versuchsflügen mit dabei sein. Sänger besaß übrigens den Pilotenschein der Klasse A2. Sänger bemängelte, dass einige der Versuchsinstrumente im Flug vibrierten und schwer abgelesen werden konnten. Dies wurde bis zum nächsten Tag behoben.
Am 7. März 1942 starteten Spremberg, ein Bordwart und Sänger zum ersten Flug mit einem arbeitenden Staustrahltriebwerk. In 2000 m Höhe bei der möglichen Höchstgeschwindigkeit der Do 17 im Horizontalflug zündete Sänger das Triebwerk. Nach einem dumpfen Knall begann der Steuerknüppel zu schütteln, es ertönte ein dumpfes Grollen und eine helle Flamme brannte über dem Rumpf. Der Bordwart hatte vorsichtshalber zum Feuerlöscher gegriffen. Sänger war begeistert. Nach 15 Minuten wurde das Triebwerk abgeschaltet und dann gelandet. Das Triebwerk sollte theoretisch 2400 PS leisten. Bei den 360 km/h, welche die Do 17 mit dem Rohr fliegen konnte, wurde diese Leistung jedoch nicht annähernd erreicht. Aber die Verbrennung erwies sich als stabil und die Messwerte stimmten gut mit den theoretisch errechneten Werten überein. Mit dem kleinen Schubrohr wurden 69 Testflüge mit je etwa fünf Minuten Brenndauer durchgeführt. Die Ergebnisse ermutigten Sänger, es mit größeren Ausführungen zu versuchen.

Die nächste Version des Lorin-Rohes hatte eine Länge von 860 cm und einen Durchmesser von 100 cm. Das würde die Do 17 nicht mehr stabil schleppen können. Spremberg machte sich wieder auf den Weg zu Dornier und kam mit der größeren Do 217 E-2 mit dem Kennzeichen RE+CD zurück nach Faßberg zurück. Innerhalb von vier Monaten wurden etwa 60 Versuchsflüge mit diesem Triebwerk durchgeführt.