Focke-Wulf Condor – der Schrecken des Atlantiks

Focke-Wulf Condor – der Schrecken des Atlantiks

Die Focke Wulf Fw 200 Condor hatte bei ihrer weltweiten Werbetour im November 1938 in Japan einen starken Eindruck hinterlassen. Die Japaner bestellten prompt fünf Maschinen für ihren Passagierverkehr. Nicht an die Öffentlichkeit drangen dagegen die Verhandlungen zwischen Focke Wulf und Japan über die Weiterentwicklung der Condor zu einem Langstrecken-Seeaufklärer. Für die japanische Marine musste die Fw 200 aber erheblich modifiziert werden. Damit Besatzungsmitglieder an Bord den gesamten Seeraum unter dem Flugzeug überblicken konnten, blieb den Konstrukteuren nichts anderes übrig, als eine Wanne für zwei Beobachter unter dem Rumpf anzubringen. Einer würde in Flugrichtung, der andere nach hinten blicken. Die Japaner wollten erst einmal eine Maschine zur Erprobung kaufen. So ließ Kurt Tank den im Bau befindlichen zehnten Prototyp, die Fw 200 V10, entsprechend der japanischen Forderungen umrüsten. Die V10 war eigentlich als Mustermaschine der B-Serie für die Langstrecken-Verkehrsmaschine mit mehr Tanks und zwillingsbereiftem Fahrwerk vorgesehen gewesen.

 


Bei einem Besuch bei Focke Wulf erfuhr Petersen von den fünf Passagier- und der einen Aufklärungsmaschine für Japan. Die Flugzeuge standen zur Ablieferung bereit. Das RLM untersagte darauf den Export und erwarb die sechs Condor für eigene Zwecke. Im September 1939 bestellte das RLM eine Vorserie von zehn Maschinen des nach deutschen Vorstellungen ausgerüsteten Aufklärers als Fw 200 C. Die Mustermaschine sollte die Fw 200 V11 werden. Die bei Focke Wulf in Bremen bereits im Bau befindlichen Maschinen der B-Serie konnten nicht mehr an den C-Standard angepasst werden. So wurden vier Flugzeuge als unbewaffnete Fw 200 B an die Luftwaffe übergeben. Am 1. Oktober 1939 konnte die Fernaufklärungsstaffel unter Edgar Petersen mit insgesamt zwölf Fw 200 in Dienst gestellt werden. Die erste Condor, die einen wirklichen Einsatz flog, war die Fw 200 V10. Diese ursprünglich für Japan vorgesehene Condor wurde dem geheimen Aufklärungsverband von Oberstleutnant Theodor Rowehl in Berlin-Staaken überlassen. Unter der sperrigen Bezeichnung Fernaufklärungsgruppe des Oberbefehlshabers der Luftwaffe flog dieser Verband illegale Aufklärung, hauptsächlich über der Sowjetunion. Die militärische Karriere der Condor hatte begonnen.

 


Bei einer Vorführung der neuesten Erprobungsmuster – teilweise auch nur Attrappen – am 3. Juli 1939 auf der Erprobungsstelle Rechlin – hatte man Hitler u.a. eine mit zusätzlichem Raketenantrieb ausgerüstete 500-kg-Bombe gezeigt. Diese panzerbrechende Waffe wurde als „das Mittel zur Vernichtung feindlicher Kriegsflotten“ gepriesen. Das dafür vorgesehene Fernkampfflugzeug Heinkel He 177 hatte seinen Erstflug aber noch nicht einmal absolviert. Bis heute streiten sich die Historiker, inwieweit Hitler bei dieser Vorführung eine moderne, fast unbesiegbare Luftwaffe vorgegaukelt worden war, oder ob er sich, trotz zur Vorsicht mahnender Hinweise, dies selbst eingeredet hat und seine Kriegspläne darauf aufbauten. Jedenfalls hatte der General der Flieger, Hellmuth Felmy, in einer Studie vom Anfang 1939 nachgewiesen, dass die Luftwaffe weder von den verfügbaren Flugzeugen, noch vom Ausbildungsstand der Besatzungen her in der Lage war, einen Krieg über See zu führen. Mit der tiefergehenden Klärung dieses Problems wurde am 16. Mai 1939 General Hans Geisler vom Generalstab der Luftwaffe betraut. Dessen Beurteilung fiel noch negativer aus. Bei Kriegsausbruch war also die deutsche Luftwaffenführung informiert, dass eine Kampfführung über See nicht ausreichend durchgeführt werden konnte.