Sowjetische Seeflieger im Zweiten Weltkrieg über der Ostsee

Sowjetische Seeflieger im Zweiten Weltkrieg über der Ostsee

Zu Beginn des Krieges verfügten die Fliegerkräfte aller sowjetischen Flotten über ca. 2720 Flugzeuge. Auf dem europäischen Territorium waren es insgesamt 1682, davon 1425 Kampfflugzeuge. Von der Zahl der Flugzeuge her gesehen eine beträchtliche Kraft, jedoch war ein Teil von ihnen nicht einsatzbereit. Nur zwölf Prozent des Gesamtbestandes waren neue Typen. Als Aufklärer flogen ältere Schwimmerflugzeuge. Sie machten 25 Prozent des Gesamtbestandes aus. Die Jagdfliegerkräfte aller Flotten (40 Prozent) waren mit Flugzeugen I-15 und I-16 ausgestattet. Der Anteil von Angriffsfliegerkräften war gering, nur zehn Prozent Torpedo- und zwölf Prozent Bombenflugzeuge. Der Ausbildungsstand der Flugzeugführer war ungenügend. Sie beherrschten ihre Flugzeuge vor allem im Gefechtseinsatz nicht, nur wenige konnten unter schwierigen Wetterbedingungen oder in der Nacht handeln. Sie beherrschten den Einsatz von Abwurfwaffen nur schlecht. Auch entsprach die Ausstattung mit Torpedos und Minen in Qualität und Quantität nicht den Erfordernissen. Zur Bekämpfung von Zielen an Land, also zur Unterstützung der Landstreitkräfte, waren sie überhaupt nicht vorbereitet. Das Zusammenwirken untereinander im Flug war kaum organisiert, da die Flugzeuge keine Funkausrüstung besaßen und Handzeichen die einzige Verständigungsmöglichkeit waren. Das Zusammenwirken mit anderen Truppen am Boden war durch die Stäbe nicht organisiert. Dieser Zustand besserte sich erst im Verlaufe des Krieges und wurde mit einem hohen Blutzoll bezahlt.

Am 22. Juni 1941 verfügten die Seefliegerkräfte nach Angaben ihres Kommandeurs über 656 Flugzeuge. Davon waren 172 Bombenflugzeuge und Torpedoträger vom Typ DB-3/T/F (91), SB (66), Ar-2 (17), 353 Jagdflugzeuge I-16, I-153, I-15bis, MiG-3 und Jak-1 und 131 Aufklärer (Wasserflugzeuge) der Typen MBR-2 und Tsche-2. Das waren in der Mehrzahl veraltete Flugzeuge. Zugeführt wurden dann eine bedeutende Zahl neuer Flugzeuge der Typen Pe-2, Pe-3, MiG-3 und LaGG-3, die SB wurden gegen DB-3 und Il-4 ausgemustert. Das mit Fernbombern und Torpedoflugzeugen ausgerüsteten 1. MTAP war auf den Flugplätzen Bessabotnoe und Kotly in der Nähe von Leningrad stationiert. Damit entgingen sie, außer denen auf dem Flugplatz Hanko, der Zerstörung durch die deutsche Luftwaffe beim Angriff am 22. Juni. Die große Entfernung zu den gegnerischen Zielen minderte die Effektivität der Angriffe.

Der Flugzeugführerbestand setzte sich aus Veteranen des Finnlandkrieges und Absolventen der Fliegerschulen zusammen. So hatten drei Staffeln des 1. MTAP diesen gemischten Bestand, während die 3. und 4. Staffel nur aus kriegserfahrenen Besatzungen bestand. Nur zwei Staffeln waren für Torpedoangriffe am Tage ausgebildet, drei Besatzungen zur Aufklärung über See. Ein ähnliches Bild zeigte sich auch im ehemaligen 73. BAP, das im Oktober 1940 aus Teilen des 57. BAP formiert, auf dem Flugplatz Pjarna stationiert und mit Flugzeugen SB ausgerüstet wurde. Aus den Besatzungen der zwei Staffeln und den Neuzugängen wurden vier Staffeln gebildet, von denen drei auf DB-3 flogen. Die intensive Gefechtsausbildung Ende 1940/Anfang 1941 beeinflusste stark den technischen Zustand. So hatten im 1. MTAP die Flugzeuge nur noch 59 Prozent, die Motoren 50 Prozent der Sollbetriebszeit. Bei den neu zugeführten DB-3F war er etwas besser.